Kittery, 10. Februar 3043, Baracke der NSCMM
„Delano“
Sergeant Delano Bustamente blickte von seiner Arbeit auf. Sein Tisch war voll mit Arbeit – Berichte von Zivilstreifen, Rechnungen von Kneipenwirten. Seit dem Ausgangsverbot, das Colonel
Cunningham verhängt hatte, war es aber möglich all diese Anträge auch mal abzuarbeiten.
Vor dem Schreibtisch stand Sergeant Cardano, sein XO und langjährige Weggefährte und von den Milizangehörigen nur Canis genannt. Wie immer war er ohne Anklopfen in des Zimmer gekommen, etwas was
die beiden sich schon vor Jahren an- bzw. abgewöhnt hatten. Bei der Miliz arbeitete man halt Hand in Hand. Irgendetwas stimmte nicht. Das war Bustamente sofort klar. Lag es vielleicht an der
neuen Uniform oder gar an der Flasche 30 Jahre altem Lagavullin. Für so guten Stoff war es eigentlich noch zu früh, aber Cardano war immer für eine Überraschung gut.
Sergeant Cardano trat an den Aktenschrank links neben dem Fenster. Geschickt fischte er zwei Whiskey-Gläser unter den monatlichen Anforderungen von Klopapier hervor, setzte sich auf seinen
Stammplatz am Fenster und goss beide Gläser halbvoll.
„Delano, wir müssen reden.“
Da war es wieder, dieses ungute Gefühl in Bustamentes Magen. Diesmal wusste er aber sofort Bescheid. Irgendetwas stimmte tatsächlich, denn Cardano hatte ihn noch nie Delano genannt. In der Miliz
war man untereinander per Du, aber Cardano hatte ihn bisher immer mit Sarge oder seinem Callsign „Jamaica“ angesprochen.
„Du weißt ja, ich war gestern Abend beim Spieß der Füsiliere,“ begann Cardano zaghaft. „Wir wollten die Belegung der HiBa besprechen. Dann erwähnte ich nebenbei mal das Thema Beförderungen in der
Miliz. Und so ergab ein Wort das andere und plötzlich saß ich bei Colonel Cunningham im Büro und musste mir ne halbe Stunde lang anhören wie scheiße doch alles sei, wie sehr wir ihm auf den Sack
gehen würden usw.. Ich glaube, dass was er mir sagen wollte ist: Macht doch in eurer Freizeit was ihr wollt, aber lasst euch nicht erwischen.“
Cardano nippte kurz an seinem Glas, während Bustamente immer noch nicht wusste worauf sein XO hinaus wollte.
„Naja, ich erwähnte dass ich es mir durchaus gefallen lassen würde wenn ich irgendwann mal zum Sergeant Major befördert werden würde. Der Spieß faselte dann was von Planstellen und das es nur
einen geben könne und er ja auch immer noch kein Command Sergeant Major sei und das es in der Miliz höchstens einen Sergeant Major gebe könne und wenn ich das sein wolle, dann müsse man dich zum
Leutnant befördern.“
Der Blick von Sergeant Bustamente verdüsterte sich. Cardano, dem dass sofort auffiel, füllte eiligst das Glas seines Vorgesetzten. „Keine Sorge, ich hab dem Alten gesagt, dass er an dem Tag, an
dem er dich zum Leutnant befördert, gleich mal ein Platz für sich im Krankenrevier reservieren soll. Naja, ich hab dann auch gleich eingesehen dass dir die Beförderung zusteht, immerhin bist du
hier Cheffe und auch schon viel länger dabei. Der Spieß meinte dann, bei den Füsilieren würden sie noch ein paar gute Feldwebel brauchen und ehe ich mich versah hatte der Colonel meine Versetzung
unterschrieben und mir ein Evil Eye an die Brust geheftet.“
„Heißt das etwa…“ Bustamente holte kurz Luft, wurde aber augenblicklich von Cardano unterbrochen.
„Ja, das heißt ich wechsele noch heute zu den Füsilieren. Man weiss zwar noch nicht genau, wohin, aber der Colonel war da guter Dinge. Er will mich entweder in die RegCom oder in die Alpha
stecken. In beiden Fällen wäre ich dann so was wie der Babysitter. Also nix neues für mich.“ Cardano nahm noch einen Schluck aus seinem Glas, dann fuhr er fort: „Ich wollte auf jeden Fall der
erste sein der dir dass erzählt.“
Das Telefon klingelte. Sergeant Bustamente nahm den Hörer ab und bellte ein „Was!“ in die Leitung.
„Nein, Captain, ich habe sie nicht angeschrieen, das muss an der Leitung liegen.“
„Sie haben was gemacht?“
„Ich werde es Canis ausrichten. Er wird gleich auf der Hiba sein.“
Bustamente drehte sich zurück zu seinem Schreibtisch. Er sah noch wie die Tür ins Schloss fiel. Kurze Zeit später sah er Cardano am Fenster entlang laufen.
„Eine gute Sache hat das ganze: der Penner hat seinen Whiskey hier vergessen.“
Autor: Jens Meinhardt, Febraur 2012
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